„Bis in alle Ewigkeit“ (Neue Szene/Augsburg 05/2019)
Die Geschichte von „The Creeping Candies im Schnelldurchlauf
Das Jahr 1985 hatte tatsächlich einiges zu bieten: Michail Gorbatschow wird neuer Generalsekretär der kommunistischen Partei Russlands, das Wrack der Titanic wird wiedergefunden und ein 17-jähriger Boris Becker gewinnt in Wimbleton. Im Vergleich dazu war die Bandgründung von The Creeping Candies in Augsburg eine Randnotiz.
Bereits 1986 erschien ihr Debut-Album „Flesh“ auf dem renommierten Hamburger Indie-Label „What´s So Funny About“ von Alfred Hilsberg.
Ein wahrhaft furioser Start. Wie konnte dies gelingen?
Ihr „Trick“ ist es in einem angesagten Laden namens „Siedlerhof“, am Rand von Augsburg, Konzerte mit Bands zu veranstalten, die ihnen gefallen und sich dabei gleich als Support mit auf die Bühne zu stellen.
Einer der eingeladenen Künstler ist Nikki Sudden aus London, der sich beim gemeinsamen Konzert angetan von der Energie der Band zeigt.
Bassist Rainer Thienel nutzt diesen Kontakt bei einer Begegnung mit Alfred Hilsberg im Rahmen eines Konzertes geschickt und trotzt dem Hamburger Plattenboss das Versprechen ab, dass er von den Candies eine Platte veröffentlicht, wenn die von „ihrem Freund“ Nikki Sudden produziert wird.
Und Sudden sagt zu.
Das 1. Album „Flesh“ entsteht.
von „Felsh“ von Jose Vicente
Der Hype
Dieser furiose Start katapultierte die vier jungen Augsburger gleich mitten auf die Landkarte des deutschen Gitarren-Undergrounds und durch ihren Mentor gibt es auch aus UK erste Anerkennung.
Die Wellen schlagen hoch und die vier jungen Typen, mit gerade mal 18 Jahren, gelten als eine der großen deutschen Hoffnungen. Neben der Aufmerksamkeit kommen auch immer mehr Anfragen für Konzerte und die Frage nach mehr Musik.
Schnell beginnen die Vorbereitungen für ein zweites Album. Nikki Sudden ist Feuer und Flamme wieder die Rolle des Produzenten zu übernehmen.
Für das zweite Album „The Stories of ..“ wird das Stuttgarter Label „Velvet Rose Records“ gewonnen.
Wie schon bei „Flesh“ ist Peter Lübcke mit seinem Schall Studio in Steinach im Mai/Juni 1988 wieder der Ort an dem aufgenommen, wieder von Nikki Sudden produziert wird und noch im gleichen Jahr erscheint.
Der Hype nimmt weiter Fahrt auf.
Der Riss
Das Magazin SPEX nennt 1988 The Creeping Candies „Die Speerspitze der süddeutschen Independent-Szene“ und der Druck auf die vier Schulfreunde steigt weiter und hinterlässt erste Spuren.
Die Urbesetzung aus
Christian Höllriegl (Gesang/Gitarre),
Marian Tögel (Orgel/Piano),
Reiner Thienel (Bass) und
Christian Pfaud (Schlagzeug) brach auseinander, während die Anfragen für Konzerte an namhaften Deutschen Locations zunahm.
Thienel und Tögel verließen die Band im Streit.
Für Thienel stieg Johann „Pulle“ Pupeter (Bass) ein.
Für Tögel kommt Michael Löw (Gitarre).
Die neue Formation hatte nun die Aufgabe sich auf den renommierten Bühnen der Republik, wie der Markthalle (Hamburg), der Zeche Carl (Essen), der Batschkapp (Frankfurt), oder dem Rose Club (Köln) zu bewähren.
Der Druck sorgt dafür, dass Gitarrist Michael Löw die Candies im Frühjahr 1989 wieder verlässt.
Die ersten beiden Jahren voller Druck, mit den Spuren des Risses durch die ehemals verschworene Gang der vier Schulfreunde, hatte Kraft gekostet.
Es blieb ein schaler Nachgeschmack und eine Skepsis gegenüber dem Musikgeschäft.
1990 sind die Candies noch auf einem holländischen Sampler vertreten, aber der erste Schwung ist raus. In den nächsten Jahren nehmen die Aktivitäten immer mehr ab und irgendwann trifft man sich nicht mehr zum Proben.
Der Neustart
Als 1996 der kanadische Singer/Songwriter Brother John der Liebe wegen nach Augsburg zieht und sich nach einer Begleitband umguckt, erwachen die alten Lebensgeister der Creeping Candies wieder und so wird die letzte Besetzung zur Begleitband des Kanadiers. Zusammen gehen sie als Brother John & The Creeping Candies gemeinsam auf Tour. Der Neustart gelingt und macht allen Mitgliedern Lust auf mehr.
Als Brother John Mitte 1997 zurück nach Kanada geht, beschließt das Trio, dass es weitermachen will. Sie nehmen die regelmäßigen Proben wieder auf, spielen live und gehen im Juli 2001 zurück ins Studio, um ihr drittes Album „Upside the Town“ aufzunehmen. Auch Nikki Sudden ist als Produzent wieder gerne mit an Bord, denn in all den Jahren ist der Kontakt nie abgerissen.
Doch gegen Ende der Aufnahmen macht sich ein neuer Riss bemerkbar, der zum Ausstieg von Christian Pfaud (Schlagzeug) führt.
Die beiden verbleibenden Bandmitglieder beschließen sich zu verstärken durch Christian Schneider (Schlagzeug) und Igor Velican (Gitarre/Gesang).
Doch dieser Formation ist nur ein kurzes Leben von 2002 bis 2004 vergönnt. 2005 kommt es dann zu einer Reunion mit Christian Pfaud (Schlagzeug).
Es entsteht 2005 mit „Sugarlumps“ ein neues Album. Das vierte Album der Creeping Candies wird der erste Tontäger, der nicht von Nikki Sudden produziert wird.
2006 stirbt ihr langjähriger Mentor Nikki Sudden.
2007 kommt mit Marian Tögel (Orgel/Piano) ein weiteres Urmitglied zurück zu der Candies Gang, die so bis 2009 bestehen bleibt.
Dann kommt es zum erneuten Bruch zwischen Christian Pfaud (Schlagzeug) und den Anderen.
Er wird ersetzt durch Wolfgang „Buddy“ Ritter (Schlagzeug), einer Augsburger Schlagzeuger-Legende.
2010 kommt Sebastian Kochs (Gitarre/Gesang) ein weiterer erfahrener Musiker aus der Stadt zu der Candies Gang. Kurzfristig gibt es also fünf Bandmitglieder – so viele wie noch nie in der Geschichte der Band.
Aber bereits 2011 verlässt Marian Tögel (Orgel/Piano) die Band wieder.
2015 trennen sich The Creeping Candies und Wolfgang „Buddy“ Ritter
und Marcus „Maggi“ Jürgens (Schlagzeug) ersetzt ihn.
2016 stirbt Wolfgang Ritter.
Am 22. Juni 2018 nimmt die Candies Gang im Fliptop Studio von Uli Fiedler vier Songs für die EP „trial & accident“ auf, die Ende des Jahres erscheint.
Im Mai 2019 nehmen Christian „Hölle“ Höllriegl (Gesang/Gitarre), Johann „Pulle“ Pupeter (Bass), Sebastian „Lippe“ Kochs (Gitarre/Gesang) und Marcus „Maggi“ Jürgens (Schlagzeug) sieben weitere Songs bei Uli Fiedler im FlipTop Studio in Wertingen auf
Im Januar 2020 wird das fünfte Album „Summer is Over“ veröffentlicht. Die Candies haben eigentlich beschlossen es nun wieder „richtig“ anzugehen, doch dann kommt die Corona-Pandemie.
Alles steht still.
2021 stirbt ihr ehemaliger Gitarrist Michael Löw wahrscheinlich an Corona.
Nachdem auch das Proben strengen Regeln unterliegt, gelingt es dem Vierer eine Zeit lang mit den sogenannten „Barn-Sessions“, in einem Schuppen für Mähdrescher, den Probe-Alltag von Frühjahr bis Herbst aufrechtzuerhalten.
Nach zwei bitteren und harten Jahren, zerbricht der Zusammenhalt der aktuellen Formation und im Sommer 2022 trennen sich die Candies und Marcus „Maggi“ Jürgens (Schlagzeug).
Nach einer längeren Zeit der vergeblichen Suche, stößt Axel „Brille“ Grüntaler im Januar 2023 zu den drei verbleibenden Candies.
der Creeping Candies
An Mai 2023 nehmen sie ihre Pläne von 2020 wieder auf und beginnen mehr zu spielen. Am 27. Oktober 2023 nehmen sie ein komplettes Konzert im „Bombig – Bar & Garage“ in Augsburg auf und veröffentlichen noch im Dezember eine EP unter dem Titel „Live @ Bombig – Bar & Garage“.
Im Frühjahr 2024 werden noch zwei weitere Singles aus diesem Konzert online veröffentlicht.
Das Jahr wird seit langem das Ereignisreichste seit langer Zeit. Die Band spielt viel, auf Spotify werden ihre Songs über 100.000 mal gestreamt und ihr YouTube-Kanal hat über 40.000 views.
Das Jubiläum: 2 Bücher und 2 Alben
2025 wird groß gefeiert mit Auftritten in ganz Süddeutschland, zwei Buch-Veröffentlichungen, in denen The Creeping Candies eine Rolle spielen und mit zwei Alben: einer digitalen Veröffentlichung auf allen Streamern, wo an jedem 1. Freitag des Monats ein Song aus dieser Geschichte veröffentlicht wird und einem neuen Album, das im Januar 2025 aufgenommen wird und im August 2025 erscheinen wird.
Die Aussichten sehen gut aus …
Hier gibt’s den Text als DOWNLOAD